Am Rande des Tharandter Waldes, wo sich der Colmnitzbach durch den Tännichtgrund zu schlängeln beginnt, befindet sich das Weidegut Colmnitz. Seit einigen Jahren entsteht hier ein Erlebnisbauernhof mit verschiedenen Tieren, einem Kräutergarten, Spielplatz und verschiedenen anderen Gründen, auch einmal diese ruhige Ecke des Ost-Erzgebirges zu besuchen. Vor allem aber lockt die herrliche Natur zu Spaziergängen und Wanderungen in die Umgebung. Auch wenn wir dabei doch gut achtgeben müssen: denn hier trieb früher der gefürchtete Räuber Lips Tullian sein Unwesen!
Um zunächst zum Weidegut zu gelangen, wo die Auflösung zur Preisfrage dieser Station des Uhuspieles auf uns wartet, können wir mit dem Bus bis zur Haltestelle "Colmnitz - Untere Hauptstraße" fahren. An Sonnabenden und Sonntagen fährt hier je dreimal am Tag ein Bus der Linie 363 (Frauenstein - Klingenberg - Tharandt) entlang (ab Frauenstein 7.43, 11.43 und 15.43; ab Tharandt 9.33, 13.33 und 17.23 Uhr).
Von der Bushaltestelle musst du dann noch ein Stück die schmale Dorfstraße talabwärts laufen. Ganz am Ende des Dorfes befindet sich das Weidegut am rechten Talhang. Übrigens wurden fast alle Bauernhöfe früher an den Talhängen errichtet und nicht in den Auen - wegen der Hochwassergefahr. Erst später haben die Menschen nicht mehr über solche Gefahren nachgedacht, wenn sie neue Häuser bauten.
Am Bahnhof Klingenberg-Colmnitz halten stündlich Züge zwischen Dresden und Freiberg, doch von dort sind es etwas mehr als zwei Kilometer Fußmarsch bis Colmnitz.
Richtig was los ist im Weidegut Colmnitz vor allem während der Marktfeste, die hier mehrmals im Jahr stattfinden - zum Beispiel der Ostermarkt (immer am Sonntag vor Ostern), das Sommer-Hoffest (Anfang Juli) und der Kürbismarkt im Oktober. Dann werden die vielen hundert Besucher von vielen verschiedenen Angeboten rund um das Thema Landwirtschaft erwartet. An einer Wand im Innenhof des Weidegutes findest du auch die Tafel mit der Auflösung der Aufgabe, die dir Ulli-Uhu am Computer gestellt hat.
Die Wanderung zu den Verstecken von Lips Tullian am Rande des Tharandter Waldes beginnt ein kleines Stück hinter dem Weidegut. Es geht zunächst vorbei an der Weide der Esel und anderen Haustieren bis zum herrlich duftenden Kräutergarten. Vor dem Zaun zweigt links ein Pfad ab zum "Aussichtspunkt Tännichtgrund". Nach etwa 200 m kommen wir dort an. Als Aussichtspunkt erwarten uns hier die wiederhergestellten Grundmauern eines bereits vor längerer Zeit abgerissenen Bauerngutes. Die Mauerreste laden zu längerer Rast ein, doch wir haben schließlich noch einige Kilometer vor uns. Ein Stück weiter in Richtung Waldrand erreichen wir einen Bahndamm. Nein, Züge verkehren hier schon lange nicht mehr, auch die Schienen wurden bereits vor einigen Jahrzehnten beseitigt. Heute gibt es hier weit und breit nur noch die große Eisenbahnstrecke zwischen Dresden und Freiberg mit dem kleinen Haltepunkt namens Klingenberg-Colmnitz, reichlich 2 Kilometer von hier. Vor hundert Jahren und auch noch vor vierzig Jahren schnauften hingegen zahlreiche Dampfrösser auf vielen Schmalspurstrecken rings um den Tharandter Wald. Klingenberg-Colmnitz war ein bedeutender Eisenbahn-Knotenpunkt. Von dort aus fuhren Züge hinauf nach Frauenstein. Und hier durch den Tännichtgrund bestand Anschluss an das sogenannte "Wilsdruffer Schmalspurbahnnetz". Man konnte mit der Bimmelbahn nach Freital oder Meißen fahren. Doch irgendwann transportierten immer mehr Lkws die Feldfrüchte und Forsthölzer. Es lohnte sich nicht mehr, die kleinen Bahnstrecken zu erhalten und vor etwa 40 Jahren wurde der Zugverkehr nach und nach eingestellt.
Nach Überqueren der "Bahn-Trasse" gehen wir noch ein paar Schritte am Waldrand hinauf, bis links ein Waldweg abzweigt der uns durch Nadelholzforsten zum Lips-Tullian-Felsen führt.
Der Lips-Tullian-Felsen ist eine Porphyrklippe, die sich in das Tal vorschiebt und einen schönen Blick auf die Wiesen und Waldhänge des Tännichtgrundes freigibt. Der berüchtigte Räuberhauptmann Lips Tullian machte vor 300 Jahren mit seiner Bande das Ost-Erzgebirge unsicher. Hier oben, auf diesem Felsen, schmiedete seine "Schwarze Garde" Pläne für Überfälle auf Postkutschen und Einbrüche in Kirchen. Perfekt gingen die Diebe dabei mit Dietrich und Brechstange zu Werke. Aber sie scheuten auch keine Gewalt auf ihren Beutezügen. Während sich seine Räuberbande im Tharandter Wald verbarg und unter recht einfachen Verhältnissen lebte, zog Lips ein etwas komfortableres Leben in den Städten vor. Mehrfach wurde er dabei aber auch gefasst und in die kurfürstlichen Kerker geworfen, doch dem gewieften Räuberhauptmann gelang immer wieder die Flucht. Bis schließlich August der Starke hart durchgreifen ließ, um die Sicherheit auf den sächsischen Straßen wiederherzustellen. So wurde Lips Tullian dann in Dresden hingerichtet, vor den Augen von zwanzigtausend Schaulustigen. Ein paar Jahre später wurden auch die letzten seiner Kumpane gefangen.
Das hoffen wir zumindest, um nach einer Rast nun ohne Angst unsere Wanderung fortsetzen zu können. Wir laufen ungefähr 1300 Meter auf der "Salzstraße", einem breiten Forstweg, in Richtung Westen. Auf beiden Seiten begleiten uns wieder Fichten- und Lärchenforsten mit einer ziemlich artenarmen Pflanzenwelt auf dem Waldboden. Als sich vor 200 Jahren überall in Sachsen große Holzknappheit bemerkbar machte, weil vor allem der Bergbau fast alle Wälder aufgefressen hatte, da holte der Sächsische Kurfürst einen schlauen Mann aus Thüringen ins Land. Heinrich Cotta begründete in Tharandt die Forstschule und machte sich mit seinen Söhnen und Mitarbeitern sogleich ans Werk, die sächsischen Wälder zu vermessen, all das "nutzlose Gestrüpp" (wie es in manchen alten Forstakten heißt) zu beseitigen und alles ordentlich mit Nadelhölzern aufzuforsten. So sollte die Holzversorgung Sachsens nachhaltig gesichert werden - das heißt, nicht mehr geerntet werden, als was auch wirklich nachwuchs. Weil man nicht noch hundert Jahre warten wollte, wurden im Erzgebirge vor allem Fichten gepflanzt, da deren Holz ja schon nach zwanzig oder dreißig Jahren die ersten Verkaufserlöse versprach. Tharandter Forstwissenschaftler klügelten ein System von Kahlschlägen aus, wie der größtmögliche finanzielle Nutzen aus den Forsten geholt werden konnte, ohne das Prinzip der Nachhaltigkeit zu verlassen. Der Tharandter Wald war für sie dabei das Versuchsgebiet, wo sie ihre Theorien in Vollkommenheit zur Anwendung bringen wollten.
Was für die Wirtschaft zunächst ein Segen war, hat dem Wald aber längerfristig nicht so gut getan. Fichten-Monokulturen sind nicht nur anfällig gegen Sturm und Borkenkäfer. Sie lassen auch den Boden verarmen. In einer Handvoll Waldboden können mehr Tiere leben als Menschen auf der Erde. All die winzigen Gesellen sind wichtig, um Nährstoffe für die Pflanzen aufzubereiten. Doch müssen im Gegenzug auch die Pflanzen für solche Bedingungen sorgen, dass sich die Mikro-Organismen auch wirklich wohl fühlen. Wenn die Menschen die natürliche Baumvielfalt nur noch durch wenige Nadelbaumarten ersetzen, dann wird dieses gegenseitige Geben und Nehmen zwischen Pflanzen und Bodentierchen gestört. Fichtennadeln sind sauer, das mögen die kleinen Schöpfer fruchtbarer Böden so ganz und gar nicht.
Dabei haben sie es schon von Natur aus hier nicht leicht. Die meisten Gesteine des Tharandter Waldes sind nämlich ziemlich nährstoffarm. Vor Urzeiten, lange vor den ersten Dinosauriern, befand sich hier vermutlich ein Riesenvulkan. Irgendwann spuckte der solch gewaltige Mengen Lava und Asche aus, bis die unter ihm liegende Magmakammer leergepumpt war. Dann brach der Riesenvulkan in sich zusammen, es entstand eine sogenannte Caldera, ein Krater von vielen Kilometern Durchmesser. Spätere, kleinere Ausbrüche füllten den Krater dann mit Quarzporphyr, einem sauren und nährstoffarmen Ergussgestein.
Mittlerweile haben wir eine Wegkreuzung mit Schutzhäuschen erreicht. Geradeaus führt der Weg weiter nach Naundorf. Wir biegen jedoch nach links ab und überqueren nach etwa 500 Metern wieder die alte Eisenbahntrasse. Unser Weg führt uns nun flussaufwärts am Colmnitzbach entlang. Nach etwa 300 m erreichen wir einen besonderen Punkt, nämlich den Mittelpunkt Sachsens! Ein Gedenkstein markiert diese Stelle, daneben befindet sich ein kleiner Rastplatz.
Und außerdem finden wir hier die Diebskammer. So heißt diese in den Tännichtgrund hereinragende Porphyr-Felsnase. Früher gab es auf der Westseite des Felsens eine Höhle, von der jetzt noch Wunderdinge erzählt werden. Ein goldener Tisch und andere Schätze seien darin verborgen, und ein unterirdischer Gang habe einstmals von der Höhle bis nach Grillenburg geführt. Vor über hundert Jahren ist der Eingang zur Höhle jedoch zugeschüttet worden. Die Diebskammer im Tännichtgrund hat es schon lange vor Lips Tullian gegeben, doch soll auch dessen Räuberbande hier ein Versteck gehabt haben.
Nun sind es noch knapp 2 km zurück bis zum Weidegut Colmnitz am Colmnitzbach entlang bis zum Ende des Tännichtgrundes. Die Bachaue wird teilweise noch als Weideland genutzt, teilweise liegen die Wiesen aber brach. Erlen-Auwald beginnt sich diese Bereiche zurückzuerobern, obwohl nach dem letzten Hochwasser auch am Colmnitzbach viel Natur zerstört wurde.
Ein großes Problem für die einheimische Pflanzenvielfalt stellt das Drüßige Springkraut dar, das sich in den letzten Jahren an vielen Bachläufen ausgebreitet hat. Seine ursprüngliche Heimat liegt in Südasien, doch offenbar fühlt es sich auch bei uns sehr wohl. Die großen rosa Blüten im Sommer sehen zwar sehr schön aus, doch lässt das Drüßige Springkraut dann kaum noch Platz für kleinere, einheimische Pflanzen in den Bachtälern. Auch Stauden-Knöterich und Riesen-Bärenklau gehören zu diesen problematischen Neulingen in unserer Flora.
Während der Wanderung durch den Tännichtgrund lohnt sich auch der Blick an den gegenüberliegenden Hangbereich, wo an einer Stelle ein herrlicher alter Buchenwald wächst. Große, abgestorbene Stämme zeigen mit ihrem Pilzbewuchs, dass auch tote Bäume sehr wichtig sind für eine artenreiche Lebewelt..
So kehren wir nun zurück zur alten Bahntrasse, zum Aussichtspunkt Tännichtgrund mit den Grundmauern des abgerissenen Bauerngutes - und schließlich zum wunderschön renovierten Weidegut in Colmnitz. 5 bis 6 km waren wir heute unterwegs - und haben uns nicht von Lips Tullians Räubern fangen lassen.